Onlineblatt
Sie sind hier: onlineblatt.at > Ärztekammer warnt vor ...
Ärztekammer warnt vor Vormarsch psychischer Erkrankungen
"Gesellschaftliche Stigmatisierung von Betroffenen muss ein Ende haben" - Informationsbroschüre soll aufklären
Im Rahmen ihrer aktuellen Präventionskampagne "Gesund
durch Vorsorge" präsentierte am Mittwoch, 13.Jänner
2010 die Ärztekammer einen weiteren Informationsschwerpunkt,
und zwar zum Thema "Spüren. Wahrnehmen. Auf die Psyche
achten". Im Mittelpunkt steht dabei die rasche und effiziente
Unterstützung der Betroffenen. "Der gesellschaftlichen
Stigmatisierung muss ein Ende gesetzt werden", betonte
Ärztekammerpräsident Walter Dorner. Denn niemand sei
vor einer psychischen Erkrankung gefeit.
Bereits jeder vierte Österreicher ist von Depressionen,
Angststörungen und Co. betroffen. Laut Studien erkrankt
jeder Fünfte in seinem Leben einmal an einer Depression,
aber nur 30 bis 35 Prozent von insgesamt 400.000 Behandlungsbedürftigen
würden ärztlich diagnostiziert. Bis 2015 soll laut
der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Depression auf Platz
zwei der häufigsten Erkrankungen weltweit vorgerückt
sein.
Halbe Million Österreicher leiden an Burnout
Trotz einer zunehmenden Bewusstseinsänderung sowie einer
verstärkten Sensibilisierung seien psychische Erkrankungen
immer noch ein gesellschaftliches Stigma, so der Ärztekammerpräsident.
"Viele psychisch Kranke laufen dazu Gefahr, in finanzielle
Notlagen zu geraten und Armut zu erleiden", wies Dorner
auf die gesellschaftliche Ausgrenzung der Betroffenen hin.
In etwa eine halbe Million Österreicherinnen und Österreicher
sollen zudem von Burnout betroffen sein. "Diese Zahl könnte
sich aufgrund der Wirtschaftskrise sogar noch erhöhen",
warnt der Ärztekammerpräsident. Aus diesem Grund habe
sich die Ärztekammer zu der Informationskampagne entschlossen.
"Für die meisten nimmt die berufliche Tätigkeit
einen wichtigen Stellenwert im Leben ein. Dennoch gilt für
uns alle: Arbeit darf uns nicht krank machen", so Dorner.
Stress als zweitgrößtes berufsbedingtes Gesundheitsproblem
"Seelische Gesundheit ist die Voraussetzung dafür,
dass die Anforderungen und die Flexibilität, die vom Markt
gefordert werden, überhaupt erfüllt werden können",
ergänzt Lisa Tomaschek-Habrina, Psychotherapeutin, Coach
und Leiterin des Instituts für Burnout und Stressmanagement
(IBOS). Stress sei derzeit "das zweitgrößte
berufsbedingte Gesundheitsproblem nach Rückenschmerzen
in unserem modernen Europa - mit erheblichen Auswirkungen auf
die Gesundheitssysteme und die wirtschaftliche Produktivität",
so die Expertin.
Schon allein aufgrund der Kosten, die Stress verursacht, sollten
Maßnahmen zur Stressprävention im Interesse von Unternehmen
sein. Viele Betriebe würden jedoch nicht langfristig denken.
Gesundheitsmanagement werde in erster Linie als Kostenfaktor
gesehen: "Die meisten meinen, es sich nicht leisten zu
können", erläutert die Psychotherapeutin.
Leib-Seele-Problem zunehmend als interaktives Geschehen
Das Gehirn sei in seiner Struktur und Funktion "das komplexeste
menschliche Organ überhaupt", betont auch Amanda Nimmerrichter,
Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie sowie für
Psychotherapie im IBOS. Die Gehirnforschung habe ganz wesentlich
dazu beigetragen, dass sich heute eine andere Sicht auf psychische
Störungen ergebe als früher, da diese immer mehr unter
dem Aspekt biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren
gesehen würden.
Ebenso habe die neurobiologische Forschung dazu beigetragen,
dass "das früher getrennt voneinander gesehene Leib-Seele-Problem
immer mehr als interaktives Geschehen aufgefasst wird",
so die Expertin. Gerade bei jenen Störungen, bei denen
ganz maßgeblich die Biologie wie auch die soziale und
die psychologische Ebene betroffen seien - wie beim Burnout
-, mache sich dieser Paradigmenwechsel "besonders bemerkbar".
"Burnout passiert nicht von heute auf morgen, und es kann
jeden treffen", betont Ärztekammerpräsident Dorner.
Daher sei es wichtig, sich einzugestehen, dass man "den
Weg zurück ins Leben nicht allein schafft und Experten
mit ins Boot holen muss - auch wenn es Überwindung kostet".
(kp)
Die Informationsbroschüre "Spüren. Wahrnehmen.
Auf die Psyche achten." wird österreichweit und kostenlos
zugesandt. Anforderungen bitte an die Pressestelle der Ärztekammer
für Wien, Tel.: 01/51501 - 1223 DW, E-Mail: pressestelle@aekwien.at.
Rückfragehinweis:
Ärztekammer für Wien - Pressestelle
Mag. Kristin Posch
Tel.: +43/1/51501-1407
posch@aekwien.at
www.aekwien.at
LINK
Informationsbroschüre
"Spüren. Wahrnehmen. Auf die Psyche achten."
(pdf, 0.6 MB)
Seite weiterempfehlenNach oben