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"TIROLER TAGESZEITUNG" Leitartikel Mittwoch, 18. Mai 2011, von Michael Sprenger: "Macht, Sex, Intrige und Puritanismus"
Dominique Strauss-Kahn ist vielleicht ein machtgeiler Mann. Doch ist er ein Schwerverbrecher?
Innsbruck (OTS) - Natürlich könnte alles auch anders
sein. Sein Versuch, ein Zimmermädchen zu vergewaltigen,
bloß Teil einer Intrige. Schließlich hat Dominique
Strauss-Kahn viele Widersacher. In seiner Heimat in Frankreich
ebenso wie in den Vereinigten Staaten. War er es doch, der Sozialist,
der als Direktor des Internationalen Währungsfonds in Zeiten
des drohenden Bankrotts wichtiger europäischer Länder
zur zentralen Figur im Kampf gegen die Finanzkrise wurde. War
er es doch, der die Wiederwahl des konservativen Nicolas Sarkozy
ernsthaft gefährden hätte können.
Vielleicht gehört aber auch Strauss-Kahn zu jener Gruppe
machtgeiler Männer, die glauben, sich alles holen und nehmen
zu können. Wann und wo immer sie wollen. Frauen als Ware,
Sex als ihr Instrument der Unterdrückung und Geilheit als
Recht des Mächtigen. Strauss-Kahn jedenfalls hat schon
bisher seinen Einfluss immer zur Schau gestellt. Seine Affären
und Liebschaften waren bekannt.
Alles denkbar. Eine Intrige mächtiger Widersacher ebenso
wie die Niedertracht eines Mächtigen. Trotz Ungewissheit
und Unschuldsvermutung ist Strauss-Kahn allerdings jetzt schon
Opfer herrschender puritanischer Sitten. Es gleicht einer öffentlichen
Hinrichtung, wenn vor laufenden Kameras einer der mächtigsten
Männer der Welt in Handschellen abgeführt wird. Selbst
bei seinem Auftritt vor der Haftrichterin waren Kameras zugelassen.
Die Bilder gingen um die Welt. Strauss-Kahn, ein Schwerverbrecher?
In den USA jedenfalls.
Irgendwie zeigen sich doch Parallelen zwischen den Fällen
Strauss-Kahn und Julian Assange. Doch beim führenden Kopf
von wikileaks wurden gleich Zweifel laut, ob denn der Vergewaltigungsvorwurf
stimme. Schließlich war Assange doch so ein Guter, der
den Mächtigen der Welt wegen seiner Enthüllungen längst
ein Dorn im Auge war. Natürlich könnte alles aber
auch anders sein.
Rückfragehinweis:
Tiroler Tageszeitung, Chefredaktion , Tel.: 05 04 03 DW 610
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