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Jeder 10. Österreicher von Depressionen betroffen: neues Nasenspray mit Ketamin bringt rasche Hilfe
Wien (TP/OTS) - Ab 17. September 2016 tagen internationale ExpertInnen beim größten europäischen Kongress für Neuropsychopharmakologie der ECNP im Austria Center Vienna. MedUni Wien-ExpertInnen stellen dabei den Einsatz von Ketamin in der Behandlung von Depressionen vor. Das aus der Chirurgie bekannte Narkotikum wirkt schnell und effektiv, so Siegfried Kasper, Leiter der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie.
• Fast 10% der Österreicher leiden an Depressionen.
Die Krankheit bricht meist im Alter von 40 bis 50 Jahren aus,
Auslöser sind gemeine Lebensumstände wie Jobwechsel
oder Auszug der Kinder
• Neue Wunderwaffe gegen Depressionen wird an MedUni Wien
erforscht: Nasenspray mit Ketamin wirkt innerhalb von 20 Minuten
• Depressionen werden durch eine Dysbalance von Botenstoffen
im Hirn ausgelöst. Das Narkosemittel Ketamin kann das Gleichgewicht
von Glutamat-GABA wieder herstellen
Im Bild: Univ.-Prof. Dr. Siegfried Kasper
Fotocredit: MedUni Wien, Felicitas Matern
Anästhetikum als Medikament gegen Depressionen
"Ketamin wirkt bereits nach 10 bis 20 Minuten und hellt
die Stimmung auf", erklärt O.Univ.Prof. Dr.h.c.mult.
Dr.med.univ. Siegfried Kasper, "es kann somit effizient
zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden." Als
Anästhetikum wird der Arzneistoff seit Jahrzehnten genutzt.
PatientInnen mit einer Ketaminnarkose von 600 bis 800 mg/kg
ging es am nächsten Tag deutlich besser als mit einem anderen
Anästhetikum. Daher wurde das Medikament unter maßgeblicher
Beteiligung der MedUni Wien adaptiert. "Im Moment forschen
wir an einem Nasenspray auf Ketamin-Basis, damit wird die Leber
geschont und der Wirkstoff kann direkt über die Schleimhäute
auf kürzesten Weg ins Hirn", so Kasper.
Ketamin repariert gestörte Balance im Gehirn
Der Wirkmechanismus von Ketamin besteht im Ausgleich einer
Störung von Botenstoffen. Die Glutamat-GABA-Balance im
Gehirn ist für dessen Funktionen von großer Bedeutung:
Glutamat ist für die Bewegungssteuerung, Sinneswahrnehmung
und auch das Gedächtnis wichtig. GABA ist ein hemmender
Neurotransmitter und setzt die Erregbarkeit von Nervenzellen
herab. Somit sind die beiden Botenstoffe quasi Gegenspieler,
die ausgeglichen sein sollten. Bei Menschen mit Depressionen
oder Angstzuständen ist diese Balance gestört, dies
kann jedoch durch Ketamin repariert werden kann.
Depression als Volkskrankheit
Jeder 5. Österreicher hat die biologischen Voraussetzungen
für eine mögliche Erkrankung in sich, bei 10% Prozent
der Bevölkerung bricht die Krankheit aus. "Heutzutage
werden Depressionen schneller erkannt und früher behandelt,
die Zahl der Erkrankungen ist aber, obwohl es oft so wirkt,
kaum gestiegen. Vergleichen kann man Depressionen am ehesten
mit anderen chronischen Krankheiten, wie Rheuma oder Diabetes.
Oftmals ist der Erstausbruch zwischen 40 und 50 Jahren. Ausgelöst
werden sie nicht, wie oft vermutet, durch Stress oder traumatische
Erfahrungen, sondern durch das was wir gemeine Lebensereignisse
nennen – Jobwechsel, Umzug oder Auszug der Kinder",
so Kasper. "Einfach gesagt funktionieren Hirnregionen nicht
mehr richtig, es gibt Veränderungen im limbischen System,
dabei werden Botenstoffe nicht mehr ausreichend produziert.
Medikamentöse Behandlung ist hierbei notwendig, eine psychologische
Betreuung der Betroffenen unterstützt diese."
Brain Day am 16. September 2016
Einen Tag vor Beginn des internationalen Fachkongresses im
Austria Center Vienna findet der "Brain Day" für
Interessierte statt. Siegfried Kasper und weitere ExpertInnen
der Medizinischen Universität Wien und internationale ReferentInnen
berichten dem Publikum bei freiem Eintritt über die neuesten
Erkenntnisse.
29. ECNP Congress Vienna
Von 17. bis 20. September findet im Austria Center Vienna der
jährliche Fachkongress des ECNP (European College of Neuropsychopharmacology)
mit bis zu 6.000 TeilnehmerInnen statt. Hierbei diskutieren
Psychologen, Neurologen, Psychiater und Neurowissenschaftler
aus der ganzen Welt über neueste Erkenntnisse und Forschungsergebnisse
zur Behandlung neurologischer Erkrankungen.
Medizinische Universität Wien
www.meduniwien.ac.at
Die Medizinische Universität Wien (kurz: MedUni Wien)
ist eine der traditionsreichsten medizinischen Ausbildungs-
und Forschungsstätten Europas. Mit fast 7.500 Studierenden
ist sie heute die größte medizinische Ausbildungsstätte
im deutschsprachigen Raum. Mit 5.500 MitarbeiterInnen, 27 Universitätskliniken
und drei klinischen Instituten, 12 medizintheoretischen Zentren
und zahlreichen hochspezialisierten Laboratorien zählt
sie auch zu den bedeutendsten Spitzenforschungsinstitutionen
Europas im biomedizinischen Bereich.
Über die IAKW-AG
www.acv.at
Die IAKW-AG (Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien, Aktiengesellschaft) ist verantwortlich für die Erhaltung des Vienna International Centre (VIC) und den Betrieb des Austria Center Vienna. Das Austria Center Vienna ist mit 24 Sälen, 180 Büros und Meetingräumen sowie rund 22.000 m² Ausstellungsfläche Österreichs größtes Kongresszentrum und gehört zu den Top-Playern im internationalen Kongresswesen. Die IAKW-AG und damit das Austria Center Vienna stehen unter der Leitung von Vorständin Dr. Susanne Baumann-Söllner.
13. 09. 2016
LINK
www.brainday2016.at
www.ecnp-congress.eu
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